Nichts passiert auf der Wohnstraße… oder geht da noch was?
Die Wohnstraße bietet eigentlich mit ihren rechtlichen Rahmenbedingungen großes Potential für einen belebten Straßenraum. Hier ist der Verkehr mit Ausnahme des Zu- und Abfahrens verboten, Autos müssen Schrittgeschwindigkeit fahren, Fußgänger*innen haben Vorrang. Hier darf man nach Herzenslust spielen, solange Autos nicht mutwillig behindert werden. Eigentlich also ein paradiesischer Ort inmitten der vom motorisierten Individualverkehr dominierten Stadt. Eigentlich. Seit mittlerweile 35 Jahren gibt es die Wohnstraße nun schon. Warum aber wird sie so wenig genutzt?
Freitag, 30. April 2018, in der Wiener Zinckgasse: Ohne WG-Casting und Miete eröffnet die Raumstation eine neue WG, direkt auf der Wohnstraße. Die Zimmer sind möbliert, Kaffee wird ausgeschenkt. Kinder laufen Seifenblasen hinterher, im Wohnzimmer werden Bücher studiert und Kreuzworträtsel gelöst. Direkt daneben ist ein Schachspiel im Gange. Im Schlafzimmer hält jemand ein Nickerchen.
+++ Dort wohnen, wo andere parken! +++
Die Raumstation lotete performativ das Potential der Wohnstraße aus: Was ist, wenn wir wirklich auf der Wohnstraße wohnen? Wir wollen uns am 27.04.2018 im Rahmen des gesetzlich Erlaubten den Straßenraum der Zinckgasse im 15. Bezirk für zwei Stunden aneignen und die von Stadt zur Wohnung machen.
Dafür entstanden mittels Kreppband und leicht transportablen Möbeln verschiedene Zimmer entstehen, in denen wir als Bewohner*innen in übersteigerter Form alltäglichen Tätigkeiten nachgingen. Ob wir nun in der Küche einen Kaffee tranken, im Wohnzimmer Karten spielten, im Schlafzimmer ein Nickerchen oder uns im Badezimmer schick machten — für Betrachter*innen entstand ein so irritierendes wie offenes Bild des Privaten im Öffentlichen.
+++ Mitbewohner*innen gesucht! +++
Passant*innen und Anwohner*innen luden wir ein, temporär unsere Mitbewohner*innen zu werden. Dafür hingen wir bereits im Voraus Abreißzettel in der Nachbarschaft auf, forderten aber vor allem während des Happenings die Nachbar*innen auf, in die Wohnung zu kommen. Auch eine Hort-Gruppe schloss sich uns an und bildete ein Kinderzimmer.
Die ständige Störung durch Autofahrer*innen wurde zum Teil des Konzepts: Mussten wir den Weg für ein Auto freimachen, wechselten wir Positionen und räumten unsere Wohnung um. Sichtbar wurde so die der Wohnstraße besondere offene Interaktion zwischen Wohnenden, Spielenden, zu Fuß gehenden, Radfahrenden und Autofahrenden.
Die Aktion in der Zinckgasse war der Auftakt zu »Wien lebt 2018: Auf der Wohnstraße« kuratiert von spaceandplace, konzpiert und umgesetzt von der Raumstation in Kooperation mit geht-doch.wien, finanziert vom Verein Stadtimpuls aus Mitteln der Stadt Wien.
Weitere Aktionen:
Wohnstraßenmöbelfabrik, Gaullachergasse, 25.05.2018
Urlaub im Weltall, Alberichgasse, 27.06.2018
Tag der Wohnstraße, Pelzgasse, 28.09.2018
Das Wohnstraßen-Team der Raumstation: Anna Aigner, Christopher Bindig, Elisabeth Gutzweiler, Felix Becker, Gunnar Grandel, Hannah Niemand, Isabel Apel, Leonard Suttner, Marie Hauck, Michel Gölz, Nine Helm, Paul Achatz und Silvan Hagenbrock.
Allerbesten Dank an: Hanna Schwarz (geht-doch), Corinna Wachtberger und Brigitte Vettori (spaceandplace), David und Alex Grüner (gruener.li)!