Im Mai 2020 fand das Recht auf Stadt Forum statt – Coronabedingt digital und dezentral. Wir haben uns an diesem Wochenende das Internet so angeeignet, dass es zu einem Raum für Aushandlungsprozesse rund um Fragen des Rechts auf Stadt geworden ist: Ein Rückblick aus dem Orga-Team der Raumstation Berlin.
Ein Raum von der Szene für die Szene: das Recht auf Stadt Forum. Seit 2015 findet es einmal jährlich in wechselnden Städten bundesweit statt und ist Ort der Vernetzung aller Initiativen, Gruppen und weiteren Personen, die sich mit der Recht auf Stadt Bewegung identifizieren. Bei dem gemeinschaftlich organisierten Wochenende geht es um Vernetzung, Wissensaustausch und die Erarbeitung neuer politischer Strategien. Das diesjährige 6. Recht auf Stadt Forum sollte ursprünglich vom 15.-17. Mai 2020 in Weimar stattfinden. Ausgehend von der Raumstation in Weimar und anderen Thüringer Initiativen wurde bereits seit dem letzten Jahr darauf hingearbeitet. Die Ereignisse um die COVID-19 Krise machten jedoch im März 2020 sehr deutlich: das Recht auf Stadt Forum kann nicht in geplanter Form stattfinden. Gerade in diesen Zeiten, in denen sich bereits zuvor bestehende strukturelle Ungleichheiten noch weiter verschärfen, sind Fragen rund um das Recht auf Stadt aber dringlicher denn je. Deswegen entschieden wir uns dazu, das Forum digital und dezentral stattfinden zu lassen.
Das diesjährige Recht auf Stadt Forum knüpfte an die klassischen – mietenpolitisch orientierten – Recht auf Stadt Themen und Formate an. Zugleich wollten wir vermitteln: das Recht auf Stadt muss solidarisch, antifaschistisch und grenzenlos sein. Aus diesem Grund wurde das Forum dieses Jahr explizit um die Perspektiven des Queer-Feminismus, des Anti-Rassismus und der Klimagerechtigkeit erweitert. Weil wir von der Raumstation Berlin in den letzten Monaten einen verstärkten Fokus auf queer-feministische Themen gesetzt haben und auch in der städteübergreifenden Galaxy einen internen Auseinandersetzungsprozess mit unseren Strukturen in Hinblick auf Privilegien und Diskriminierungen angestoßen haben, wirkten wir ursprünglich besonders in Hinsicht auf die Awareness Strukturen am Forum mit.
Dass die strukturell-interne Auseinandersetzung und inhaltlich-fachliche Auseinandersetzung – also quasi Theorie und Praxis – mit der Thematik um Zugang und Gleichbehandlung ineinander greifen, liegt auf der Hand. Nichtsdestotrotz bleibt die Beleuchtung interner Strukturen und die Frage nach Reproduktion der Ausschluss- und Ungleichbehandlungsmechanismen, die eigentlich das Ziel sind zu durchbrechen, in linken Gruppierungen und Szenen oft aus oder erfolgt unzureichend. Mit einem bereits früh gestarteten Prozess für die Entwicklung von Awareness Strukturen auf dem Recht auf Stadt Forum wollten wir ausgrenzenden Handlungen möglichst vorbeugen sowie Mechanismen entwickeln, die stattfindende Grenzüberschreitungen auffangen können. Awareness bedeutet für uns dabei aber sowohl die Position der von Diskriminierung betroffenen Menschen zu sehen und zu supporten, genauso jedoch die Position der Privilegierten, von denen Diskriminierungen ausgehen und die Verantwortung dafür tragen, in den Blick zu nehmen und Reflektion darüber anzustoßen. Ein Bestandteil (siehe Abbildung) war dabei die Auseinandersetzung mit unseren eigenen Positionierungen innerhalb der Gesellschaft (in Bezug auf race/class/gender/etc.) mit dem Ziel die eigenen Privilegierungs- und Ausgrenzungsmechanismen besser zu verstehen. Das gesamte Awareness-Konzept kann dem moralischen Kompass entnommen werden (www.ras2020.raumstation.org/code-of-conduct/).
Zu der Awareness-Struktur sowie dem Recht auf Stadt-Forum insgesamt erreichte uns im Nachhinein konstruktive Kritik, die wir nun reflektieren und in unsere weitere Arbeit aufnehmen. Es gab jedoch vor allem viel positives Feedback zu beidem, was uns darin bestärkt hat, das Recht auf Stadt Forum letztendlich (mit) ausgerichtet zu haben. Es konnten Diskurse in Bezug auf die verschiedenen Thematiken weiter voran getrieben werden. Das diesjährige Forum hat bewiesen, dass die Recht auf Stadt Szene trotz der pandemiebedingten Einschränkungen präsent und bereit ist, beständig für grenzenlose, solidarische und antifaschistische Städte und Gemeinden zu kämpfen. Wir von der Raumstation Berlin freuen uns, all den Initiativen und Aktiven einen Raum gegeben haben zu können und sprechen uns dafür aus auch zukünftige Forum in Teilen digital zu gestalten für eine größere Reichweite und mehr und diversere Perspektiven.
♥ Wir möchten allen, die dieses digitale Forum so kurzfristig möglich gemacht haben, von ganzem Herzen danken.
Danke an Christian, hexchen von HACC, Yassin, Franziska vom CCC Video Operation Center (C3VOC), Jani und Konrad (JanKo) von Bauhaus.fm
Danke allen Veranstaltenden und Moderator:innen.
Deutsche Wohnen & co enteignen, weimar decolonize!, Starthilfe der IL, Zwangsräumung verhindern, Aktionsbündnis gegen Mietenwahnsinn, QueerWeg Thüringen, Berlin vs. Amazon.
Danke an die Rosa-Luxemburg-Stiftung und an buko.
Danke auch an alle andere, die hinter den Kulissen während des Forums geholfen haben. Und danke an Euch, die uns so überwältigt haben mit dem Andrang!