Wir beschäftigten uns mit den Studierenden nicht nur theoretisch, sondern praktisch mit kreativen Methoden der Raumwahrnehmung und -erkundung:
Eine Gruppe von Studierenden rennt durch die Schillerstraße und über den Marktplatz. Sie sind ausgestattet mit Holzhockern. Sie sprechen nicht, sie sind konzentriert auf die Dynamiken, die aus den Bewegungen im städtischen Raum entstehen. Sie verfolgen sich, fliehen voreinander, ruhen inmitten des alltäglichen Treibens auf ihren Hockern sitzend, beobachtend, dann rennen sie wieder
Und so begann das erste Wochenende des raumstationären Seminars Die Stadt und Wir: Von Situation zu Intervention mit dem performativen Raumerkundungsspiel the urban cloud, das die Seminarteilnehmenden sofort rausbeförderte in den öffentlichen Raum, der Gegenstand unserer Auseinandersetzung werden sollte. Gemeinsam mit den 18 internationalen Studierenden aus Kunst, Architektur und Urbanistik erprobten wir verschiedene Methoden (ein besonderer Dank geht mal wieder an die Situationisten, die uns einen so vollen Methodenkoffer hinterlassen haben), mit welchen wir den städtischen Raum zu erfahren, verstehen und hinterfragen versuchten:
Worauf fällt unser Blick, woran bleibt er hängen, welche Fragestellungen entdecken wir im städtischen Raum, welche Themen interpretieren wir in ihn hinein, was finden wir thematisierenswert? Wie können wir Passant*innen in der Stadt dazu bringen, mit den Orten zu interagieren, an denen sie sich aufhalten, wie können wir sie dazu bringen, miteinander zu interagieren? Wie können wir mögliche und unmögliche Nutzungsweisen eines Raumes anregen? Wir können wir uns einen umkämpften Raum aneignen, zurückerobern und öffnen?
Nach einer explorativen und reflektierenden („Was ist denn jetzt dieser öffentliche Raum?“) Phase entstanden so drei Interventionen, die sich kritisch mit vorgefundenen Thematiken auseinandersetzten, in den städtischen Raum Weimars eingriffen, Nutzer*innen öffentlicher und nicht-öffentlicher Räume irritierten, ansprachen und so Impulse setzten.
Gleichzeitig war das Seminar auch ein Experiment: Wie können wir die Arbeits- und Herangehensweisen der Raumstation in ein universitäres Seminar übersetzen, wie können wir Lehre hierarchiearm, basisdemokratisch und im Kollektiv gestalten? Das Experiment hat uns erste Antworten gebracht und Fragen aufgeworfen – und es hat vor allem eins: Spaß gemacht!